Page 15 - Adlershof Journal Sep/Okt 2014
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Schleuderfahrten und Autoüberschläge

Nach drei Jahren hat Korries genug. Er will etwas mit Autos machen und findet die „German Helldriver“, die er an Wochenenden neben seiner Lehre begleitet. Hier hat er das Autofahren gelernt, Schleuderfahrten und Autoüberschläge. Hier macht er seinen ersten Stunt – die Feuerwand. Ein Auto fährt dabei durch eine Feuerwand aus Holzbrettern. Ein Mensch – Korries – lag dabei auf dem Wagendach. Joe Williams war sein Chef, eine Berühmtheit, der im Bondklassiker „Goldfinger“ den Aston Martin auf zwei Rädern fuhr und viel mit John Wayne gearbeitet hatte. „Ich hab hier viel gelernt“, sagt Korries, „aber irgendwann war es nur noch Zirkus, ich kam nicht weiter. Und Geld zum Leben konnte man auch nicht verdienen.“

Goldgräberzeiten

Nach neun Jahren „brotloser Kunst“ beginnen die besseren Tage im Stuntgeschäft. Die Bavaria Studios suchen für eine Stuntcrew im Vergnügungspark Bottrop Leute. „Es ging steil bergauf“, sagt Korries. Zum ersten Mal kann er von seinem Traumberuf leben. Hamburg heißt die nächste Station. Immer wieder Filmarbeiten, denn die inzwischen aktiven Privatsender brauchen viel Sendematerial. 15 Jahre, sagt Korries, habe er nicht geschlafen, Vollgas durchgearbeitet. Es waren Goldgräberzeiten.

Der Zirkus hat den Stunt erfunden, sagen einige. Im Jahr 1908 springt ein Zirkusartist für den Film „Der Graf von Monte Christo“ für fünf Dollar von einer hohen Klippe ins Meer. Sönke Korries' Version ist weniger romantisch, aber in der „Traumfabrik“ nicht weniger wahrscheinlich. Früher wurden einfach Menschen – nicht die Schauspieler – verheizt.

Man muss wissen, was man macht.

Abgehalten hat es Korries nicht, diesen Beruf zu ergreifen. Ganz im Gegenteil. Aber keiner, sagt Korries, kann es einem bezahlen, wenn man draufgeht. Keiner seiner Stunts passiert am Drehort das erste Mal. Unzählige Trainings gehen voraus. Wer mit einen Sturz ins Luftkissen aus 20 Metern beginnt, der ist „beknackt“, findet Korries. Man fängt aus drei Metern an und arbeitet sich hoch. Man muss wissen, was man macht. Technik, Training, Tricks. Nicht umsonst bedeutet Stunt übersetzt „Trick“. Stuntmen haben immer zwei Säcke mit auf ihrem Weg, glaubt Korries. In einem ist Glück, im anderen Erfahrung. Wenn man jung ist, muss der Glückssack sehr voll sein. Im Laufe der Jahre braucht man das Glück weniger, dann arbeitet man mit Erfahrung. Dann sollte der Erfahrungssack prall gefüllt sein. Wie Korries'.

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