Polyglott in Adlershof
Viadrina sprachen GmbH jetzt mit Dependance in Adlershof
Realistischer geht’s nicht: „Sprachunterricht bei den Rettungssanitätern heißt auch in Stresssituationen die Nerven behalten“, sagt David Furmanek, Geschäftsführer der viadrina sprachen GmbH. Weil im Ernstfall jeder Fehler fatale Folgen haben kann, muss jeder Griff sitzen, jedes Handzeichen klar und auch die Vokabeln parat sein. Die Notfallhelfer trainieren daher Einsätze in speziellen Ausbildungsstätten wie an der Landesrettungsschule Berlin/Brandenburg e. V. in Bad Saarow. Dort können Unfälle beispielsweise auf einer Baustelle oder im Straßenverkehr nachgestellt und unterschiedliche Lichtverhältnisse simuliert werden. „Die Helfer sprachlich in diesen Extremsituationen zu begleiten, ist auch eine Herausforderung für unsere Dozenten“, so Furmanek.
Seit 14 Jahren ist viadrina sprachen in die einsatzorientierte Sprachausbildung der deutschen und polnischen Polizeien integriert. Das betrifft etwa Sprachausbildung in Deutsch und Polnisch für grenzüberschreitende Einsätze oder für die Einrichtung einer gemeinsamen Grenzdienststelle. Doch Furmanek betont: „Wir sind keine Sprachschule.“ Die Kompetenzfelder von viadrina sprachen, einer Tochtergesellschaft der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), umfassen Kommunikation, Mehrsprachigkeit, Diversity Management, Konfliktmanagement und Coaching. 1.500 Teilnehmer besuchen jährlich einen der Kurse und Seminare, die eine Stunde dauern, sich aber auch über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren erstrecken können. In zehn Sprachen wird unterrichtet: Deutsch als Fremdsprache, Englisch, Finnisch, Französisch, Polnisch, Russisch, Schwedisch Spanisch, Türkisch, Ukrainisch.
Was genau unterscheidet viadrina sprachen von anderen Sprachinstitutionen? „Wir entwickeln zielgruppengenaue Programme“, sagt Furmanek. So sei das erste Projekt vor 15 Jahren ein Sprachkurs für Mitarbeiter des IHP – Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik gewesen mit dem Ziel, die Integration innerhalb des IHP zu beschleunigen. Seit dem Jahr 2000 hat das Institut, um seinen Internationalisierungsgrad zu steigern, zunehmend ausländische Wissenschaftler beschäftigt. Diese erhielten Deutschkurse, während die Verwaltungsmitarbeiter des Instituts gleichzeitig in Englisch geschult wurden.
In wissenschaftlichen Einrichtungen, wie dem IHP, und Unternehmen sieht Furmanek die Hauptzielgruppe für viadrina sprachen. Deshalb gibt es seit letztem Herbst auch eine Dependance in Adlershof. Als Beispiel nennt er einen Postdoc, der für ein Forschungssemester in die USA gehen will. Oder eine Forscherin, die einen Vortrag auf einem ausländischen Kongress hält. Reichen deren Sprachkenntnisse dafür aus oder müssen sie in kürzester Zeit verbessert werden? Kennen sie die länderspezifischen Sprachunterschiede? Gibt es besondere kulturelle Gepflogenheiten, die sie verstehen sollten? Fachtermini sind in der Regel für die Wissenschaftler kein Problem, Unterstützung bedarf es meist beim „Skelett“ und dem richtigen Aufbau einer Präsentation in einer fremden Sprache, sagt Furmanek.
Durch das große Hochschulnetzwerk kennt Furmanek im Technologiepark Adlershof schon einige Wissenschaftler. Auch einen ersten Adlershofer Kunden gibt es am Standort. Die Motivation der Institutionen, die die Leistungen von viadrina sprachen in Anspruch nehmen, sei dabei sehr unterschiedlich. Einige sehen den Abbau von Sprachbarrieren als Bestandteil der Integrationskultur oder aber auch als „Wohlfühlmittel und Klimaverbesserung“, andere wollen, dass ihre Mitarbeiter erfolgreich in der Fremdsprache kommunizieren können.
Sprachvermittlung ist dabei ein Prozess. Spricht jemand bereits mehrere Sprachen, fällt ihm das Erlernen einer weiteren Sprache in der Regel leichter, weiß David Furmanek aus eigener Erfahrung. Der Berliner, der in der Schule als Fremdsprachen Russisch und Englisch lernte, beendete sein Studium mit einem niederländischen und russischen Wirtschaftsabschluss. Seine Frau ist Niederländerin, seine Kinder werden zweisprachig erzogen. „Hoffnungslose Fälle“, das heißt Menschen, die eine Sprache nie erlernen, gibt es nicht, ist er überzeugt. Es gibt verschiedene Methoden, bei manch einem dauert es halt einfach länger. Nur bei rein digitalen Lernmethoden ist Furmanek skeptisch. Der Dozent als Sprach- und Kulturvermittler bleibt wichtig.
Von Sylvia Nitschke für Adlershof Journal