Ressourcenschonende Methanolproduktion
Mit neuen Verfahren will Marek Chęciński die Klimabilanz bei der Erzeugung der Chemikalie entscheidend verbessern
Die Klimabilanz von Methanol ist miserabel. Marek Chęciński hat ein Verfahren entwickelt, um die wichtige Chemikalie ressourcenschonender herzustellen. Derzeit entsteht eine Versuchsanlage in Adlershof, schon bald könnten größere folgen – beispielsweise an der Küste
Methanol gilt als eine Option, um die kohlenstoffbasierte Chemische Industrie oder schwer elektrifizierbare Bereiche, wie den Schwerlastverkehr klima- und umweltfreundlicher zu machen. Vor allem in der Schifffahrt, wo man vom fossilen Schweröl wegkommen will, das obendrein bei der Verbrennung viele Schadstoffe wie Ruß, Stick- und Schwefeloxide hinterlässt. Aufgrund der weiten Strecken sind batterie-elektrische Antriebe dort ungünstig, daher setzen Reeder vermehrt auf Methanol. Auch das stammt noch häufig aus fossilen Rohstoffen, doch aus „grünen“ Quellen wäre die Bilanz entschieden besser.
Der Chemiker Marek Chęciński will dazu beitragen. Über Jahre hat er seine Idee, Methanol ressourcenschonend herzustellen, zunächst am Computer weiterentwickelt. Zunächst in seiner Firma CreativeQuantum GmbH und in Forschungskooperationen, später in der eigens für die Kommerzialisierung gegründeten C1 Green Chemicals AG, die derzeit eine Pilotanlage in Adlershof baut. Diese soll zeigen, dass das Verfahren auch im größeren Maßstab wirtschaftlich funktioniert. Schon bald, hofft er, folgen Industrieanlagen, beispielsweise an der Küste.
„Unser Konzept unterscheidet sich enorm von dem bisherigen Standardverfahren“, sagt der Unternehmer. Das nutze Kupfer-Zink-Katalysatoren und erfordere bestimmte Voraussetzungen, um die Reaktion überhaupt in Gang zu bekommen: 260 Grad Celsius, 80 bar Druck und dennoch gelingt es mit einem Durchlauf, nur rund zehn Prozent des Synthesegases in Methanol umzuwandeln. Der neue, von Chęciński und seinem Team entwickelte Katalysator auf Manganbasis erfordere nur 130 Grad, weniger als 40 bar und erreiche fast einen vollständigen Umsatz pro Durchgang. „Das spart viel Rohstoffe und Energie.“ Mehr noch: Statt das Synthesegas aus Erdgas oder der Kohlevergasung zu gewinnen, soll es aus Abfallquellen wie Biomasseresten, Klärschlamm oder Plastikmüll kommen.
Wasserstoff, der für die Reaktion ebenfalls nötig ist, soll „grün“ sein, also mittels erneuerbarer Energien erzeugt. „Die Küstenregion mit viel Wind und Landwirtschaftsbetrieben wäre ein guter Standort für die Produktion“, sagt Chęciński. Er denkt nicht nur an Schiffe, die mit dem klimafreundlichen Methanol angetrieben werden könnten. Das Gas ist zudem eine wichtige Grundchemikalie unter anderem für Kunststoffe. „Wenn es gelingt, grünes Methanol in großer Menge herzustellen, könnten viele Prozesse darauf umgestellt werden und die Klimabilanz der Branche würde entschieden verbessert“, macht er klar.
Im Gespräch wird deutlich, dass ihn eine Vision antreibt. Doch nicht nur das: Wichtige Schritte sind ihm bereits gelungen und weitere dürften folgen. Das lässt sich auch daran erkennen, dass die C1 Green Chemicals AG mehrere Millionen Euro an Risikokapital eingesammelt und unter anderem Jürgen Hambrecht, den einstigen Chef des Branchenprimus BASF, für den Aufsichtsrat gewonnen hat. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Reederei Maersk ebenfalls in C1 investiert hat.
„Die großen Chemiekonzerne haben natürlich auch daran geforscht, die Methanolproduktion zu verbessern“, sagt Chęciński und fügt schmunzelnd hinzu: „Wir haben es hier in Adlershof geschafft.“ Auf einem neuen Weg. Statt viele kostspielige Versuche im Labor anzustellen, hat CreativeQuantum – von Chęciński vor 15 Jahren in Adlershof gegründet – mithilfe von Computersimulationen zuerst die erfolgversprechendsten Reaktionen und dazu notwendige Katalysatoreigenschaften identifiziert. Damit überzeugte und beauftragte er das Leibniz-Institut für Katalyse e. V., wo er zuvor promoviert hatte, reale Experimente zu machen. Ein gemeinsames Forschungsprojekt folgte und ein Patent wurde angemeldet.
„Es war klar: Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagt der Wissenschaftler. Klar war auch, dass die nächsten Schritte groß und teuer würden und weitere Expert:innen braucht. Daher wurde die Aktiengesellschaft C1 Green Chemicals AG gegründet. Green Chemicals erklärt sich selbst, C1 steht für das eine Kohlenstoffatom in Methanol (CH3OH). Ein Dutzend Mitarbeitende sind es bereits, weitere sollen folgen.
Sie werden die Methanol-Versuchsanlage in Adlershof betreiben sowie an einer mobilen Variante arbeiten, um diverse Rohstoffe am Entstehungsort testen zu können. In diesem Jahr ist das 100. Jubiläum der kommerziellen Methanol-Herstellung. „Das war damals ein Durchbruch“, sagt Chęciński. „Nun ist es Zeit, auf ein ressourcenschonenderes und nachhaltiges Verfahren umzustellen.“
Ralf Nestler für Adlershof Journal